Halde Hoheward | © DAV Sektion Hameln

Über 7 Halden 2023

Seven Summits of Ruhrgebiet

10.12.2023

In unserer Sektion haben Langstreckenwanderungen eine lange Tradition. Es sei an die von Merten Jäger organisierten Touren wie 60 km rund um Fehmarn oder die Harzquerung, wie auch die zweimal bewältigte Zweitagestour Kansteinhütte – Torfhaushütte mit 120 km erinnert.

Vor 15 Jahren kreierte ich die Hamelner Talumrundung mit 64 km, die immer regen Zuspruch hatte. Im letzten Jahr, unserem Jubiläumsjahr, organisierte ich zwei neue Touren, Deister – Maschsee und zurück mit 51 km und den Deister – Süntel – Marsch mit 56 km.

Drei Mitglieder unserer Sektion haben einmal bzw. mehrfach erfolgreich am kommerziell organisierten Megamarsch Weserbergland mit 100 km teilgenommen. Ich selbst habe mich dabei allerdings auf 70 km beschränkt. Es gibt also in unserer Sektion stets ein größeres Interesse an Langstreckentouren.

Schon länger spukte in meinem Kopf herum, einmal über die Abraumhalden im Ruhrgebiet zu wandern. Diese Halden sind inzwischen begrünt und mit Kunstwerken und anderen Bauwerken ausgestattet und erschienen mir als attraktives und außergewöhnliches Wanderziel. So entstand die Idee der „Seven Summits of Ruhrgebiet“. Ich habe dazu eine 57 km lange Strecke detailliert geplant, die nur wenig durch urbanes Gebiet und möglichst viel durch Parks und Grünstreifen führen sollte.

Im April 2023 war es dann soweit, mit einer Teilnehmerin und 5 Teilnehmern wollten wir die Sache angehen. Leider gab es kurz vorher noch einige gesundheitsbedingte Absagen. Günter war schon aufgrund eines privaten Besuches vor Ort, Silvia, Kristofer, Ulli, Konrad und ich machten uns gegen 3 Uhr in der Nacht auf den Weg nach Recklinghausen. Von dort ging es mit Regionalexpress, S-Bahn und Straßenbahn nach Oberhausen-Sterkrade, wo wir die Tour um 7:45 Uhr starteten.

Auf diesen Halden gibt es sehr viele Wege, die in der Zeit der Aufschüttung als Auffahrten für die Transportfahrzeuge dienten. Diese Wege führen mit relativ geringer Steigung im Zickzack hinauf. Es gibt aber auch direkt hinauf führende Pfade, die hauptsächlich von Mountainbikern genutzt werden.

Einen solchen Trail nutzen wir auch, um auf die erste Halde, die Halde Haniel, zu kommen und waren dann sehr überrascht, wie steil und rutschig es hinauf geht. Diese Halde war die höchste der von mir ausgewählten Halden. Sie erhebt sich ca. 150 m aus dem umliegenden Gelände hervor. Oben angekommen hat man einen sehr beeindruckenden Rundumblick. Ein Künstler hat farbige Balken als Stelen senkrecht aufgestellt, etwas unterhalb des Gipfels gibt es ein Amphitheater und auch einen Platz für Andachten mit einem großen Kreuz. Dieses wurde anlässlich des Besuches von Papst Johannes Paul II aufgestellt.

Es ging dann genauso steil auch wieder hinunter und quer durch Bottrop hindurch zur Halde Beckstraße. Diese Halde ist am aufwändigsten erschlossen. Es gibt dort geteerte Wege, die auch von Rollstuhlfahrern bewältigt werden können. Auf dem Plateau hat man den sogenannten Tetraeder errichtet. Eine futuristische Rohrkonstruktion, in welcher an Seilen Treppen und 3 Plattformen bis zu 38 m Höhe hängen. Die Plattformen bestehen aus Gitterrosten und auch die Treppen setzen Schwindelfreiheit voraus. Dafür wird man mit einer grandiosen Aussicht belohnt. Hier konnten wir die Halde Haniel und alle weiteren fünf noch zu bezwingenden Halden erblicken. Auch der Weg hinab von der Halde ist aufwändig mit einer eindrucksvollen Edelstahltreppe erschlossen. Am Alpin-Center mit der Indoor-Skipiste vorbei ging es weiter, über die Emscher hinweg, am Rhein-Herne Kanal entlang zur Schurrenbach-Halde in Alten-Essen. Das war der südlichste Punkt unserer Tour. Diese Halde ist nur an den steilen Hängen begrünt.

Das Plateau ist kahl und erweckt den Eindruck einer Mondlandschaft. In der Mitte des riesigen Plateaus steht als einziger Schmuck eine gewaltige Bramme aus Stahl, eine 15 m hohe, senkrecht stehende Stahlplatte des Künstlers Richard Serra. Nach einer Pause machten wir uns auf den Weg hinab, wieder ein Stück am Kanal entlang, über die Emscher und durch den Nordsternpark. Hier hat man anlässlich der Buga 1997 ein ehemaliges Zechengelände als Freizeitpark gestaltet. An einem „Büdchen“, einem für das Ruhrgebiet typischen Kiosk, versorgten wir uns mit frischen Getränken und strebten zur jüngsten Halde der Tour, der Mottbruchhalde zu. Diese Halde in Gladbeck wurde bis 1989 aufgeschüttet und ist umrahmt von weiteren Halden, die noch nicht zugänglich sind. Der Weg führt in einer ermüdend langen Kehrschleife hinauf zum „Gipfelgrat“. Dort pfiff der Wind ganz erheblich und so verwunderte es nicht, dass dort oben auch eine Windkraftanlage steht. Irgendwie erinnerte mich diese Halde an Island. Der Weg ging danach durch hübsch renovierte Bergwerkssiedlungen in Gelsenkirchen zur Halde Rungenberg. 

Auf diese Halde führt eine Betontreppe mit über 300 Stufen. Noch weiter oben gibt es zwei „Gipfel“. Beide sind jeweils von einem riesigen Stahlrohr in Form eines Fernrohres gekrönt. Es handelt sich dabei um eine Lichtinstallation. Nun stand ein weiter Weg zu den beiden letzten Halden, die sich unmittelbar nebeneinander befinden, bevor. In einem Supermarkt gab es noch einmal Getränke, bevor es am Bergersee und am Ewaldsee vorbei im Schlosspark von Herten zur Halde Hoppenbruch ging. Diese Halde wird intensiv von Mountainbikern genutzt. Ein Montainbike-Club hat auch die Patenschaft für das Wegenetz und die Trails übernommen. Leider begann es zu regnen, als wir den Fuß der Halde erreichten. Deshalb hatten wir oben, an der Windkraftanlage auf dem „Gipfel“, leider auch keine Sicht mehr und stiegen auch sehr schnell über die rutschigen Trails wieder ab. Unten angekommen ging es gleich wieder steil hinauf auf unsere letzte Halde, die Halde Hoheward, welche auch sehr gut erschlossen und für Rollstuhlfahrer erreichbar ist. Wir nahmen jedoch nicht die ausgebauten Wege, sondern sind angesichts des anhaltenden Regens gleich steil und direkt hinauf. 

Der Gipfel wird von einem Horizontobservatorium gekrönt. Dieses besteht u.a. aus zwei gewaltigen, 45 m hohen Stahlbögen über einer kreisrunden, ebenen Fläche. Ähnlich wie bei historischen Bauwerken, wie z.B. Stonehenge, sollte man hier Sonnen-Auf- und Untergang, Sonnenwende usw. beobachten können. Aufgrund von Baumängeln ist das Bauwerk leider seit längerem abgesperrt und nicht mehr nutzbar. In den Sommermonaten finden auf dieser Halde oft Veranstaltungen statt. Im Regen ging es recht rutschig zunächst über eine Gitterrosttreppe, schmale Wege und zuletzt über einen gut ausgebauten Weg mit der sogenannten Drachenbrücke hinab nach Recklinghausen. Dort hatten wir nur kurz Zeit, schnell noch die Hotelschlüssel abzuholen, um dann nass wie die Katzen um 21 Uhr direkt zur Schlusseinkehr zu gehen und erst anschließend im Hotel einzuchecken. Am nächsten Tag traten wir dann die Rückreise an.

Es war eine eindrucksvolle Tour mit erstaunlich wenig Asphaltstrecken durch viel Grün, was wir im Ruhrgebiet so nicht erwartet hatten.

Wolfgang Helmboldt